Südlicher Grafensteig

Von der Kienthalerhütte zur Station Baumgartner

 

Kienthaler Hütte mit Turmstein (Klettersteig)

 

Als Ausgangspunkt einer Schneebergumgehung haben wir heute (im Juni 2008) die Kienthalerhütte (1380 m) gewählt. Der Miniklettersteig neben der Hütte auf den Turmstein (1416 m), mit grandioser Aussicht, sollte nicht ausgelassen werden. Die Verwendung eines Klettersteigsets wird empfohlen. Die "Kienthaler" haben wir von der Edelweisshütte am Fadesattel über den Fadenweg, Almgatterl, Fleischer Gedenkstein (Krempel-Bergrettungshütte) in knappen 1,5 Stunden erreicht. Auch ein Zustieg vom Weichtalhaus über Weichtalklamm oder Konrad Ferdinand Mayrweg ist möglich (1,5 bis 2 Stunden).

 

Unterhalb der Schönleitenmauer

 

Von der Hütte steigen wir kurz zurück Richtung Krempel-Bergrettungshütte, bei der ersten Linkskehre zweigt rechts der Südliche Grafensteig ab. Im lichten Hochwald, immer leicht steigend, gelangen wir zuerst unter die felsigen Abbrüche der Schönleitenmauer. Der gegenüber dem Nördlichen Grafensteig um einiges höher verlaufende Südliche Grafensteig hat auch mehr Höhenunterschiede durch ein ständiges Auf und Ab beim Ausgehen unzähliger Gräben. Oft über der Waldgrenze  bietet er imposante Ausblicke in Richtung Raxmassiv.

 

Schöneben - Schönleiten

 

Bereits sehr früh türmen sich heute Gewitterwolken auf. Drüben über den Rücken der Schönleiten, oberhalb der Stadelwand,  kann man bei einer Wegkreuzung auf markiertem Weg links zum Klosterwappen und weiter zur Fischerhütte aufsteigen. Rechts hinunter auf spärlich markiertem Steig führt ein "Fluchtweg" über die Märchenwiese und den Stadelwandgraben  zur Höllentalstraße und flussaufwärts in wenigen Minuten zum Weichtalhaus. Andere Möglichkeiten, den Grafensteig talwärts zu verlassen, gibt es nicht, da unterhalb Felsabbrüche einen weglosen Abstieg unmöglich machen. 

 

Blick zur Rax - Wachthüttelkamm - Großes Höllental -Gaisloch - Kloben

 

Auf der Rax gewittert es schon, wir sind noch im Trockenen. In der Bilddiagonale zieht der Wachthüttelkamm zuerst sanft Richtung Höllental-Weichtal hinunter, bevor er auf den letzten Höhenmetern steil und felsig abbricht. Dahinter sieht man die Klobenwände und das Gaisloch, ganz oben die Heukuppe. Wir müssen aber weiter. Vorbei an der genannten Wegkreuzung Richtung Hochschneeberg bzw. Höllental schreiten wir flott voran, um noch vor Einsetzen des Regens die erste heikle Stelle des durchaus alpinen Steiges zu erreichen, die bei Feuchtigkeit eher unangenehm sein kann.

 

Latschengassen

 

Die bisweilen oft steilen Latschengassen sind ein Charakteristikum dieses Steiges, der sehr schweißtreibend sein kann. Da der Steig ab der Stadelwand direkt nach Süden ausgerichtet ist und auch aufgrund seiner Höhe keine Quellen im Steigbereich zur Verfügung stehen, ist einerseits die Mitnahme von genügend Getränken, andererseits auch eine gute Zeitplanung vonnöten. Es ist von Vorteil, im Hochsommer diese Etappe bei einer Schneebergumrundung frühmorgens oder als Abendetappe zu gehen. Am Nördlichen Grafensteig hingegen, der um einiges tiefer verläuft, hat man wesentlich mehr Schatten und auch Quellen.

 

Ausläufer der Königschusswand - Abstieg zur Bockgrube

 

Wir haben es geschafft, es ist zwar wieder etwas dunkler geworden, aber noch trocken. Nach einer Hangquerung durch den Wald und über eine Lichtung kommen wir zu einem felsigen Eck, das den Ausläufer der Königschusswand bildet. Hinter diesem Felskopf führt der Steig steil hinunter Richtung Bockgrube. Die Versicherungen mit Eisengliederketten und Stahlseilen sind bisweilen nicht in bestem Zustand. Daher ist Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erforderlich, da ein Klettersteigset nur bedingt einsetzbar ist. Heuer ist der Steig auch in diesem Teil vom letzten Winter etwas gezeichnet.

 

Versicherungen in der Königschusswand

 

Schon in dieser Passage wird es plötzlich wieder sonnig. Über Passagen mit viel Schotter geht es hinunter in die Bockgrube auf ca. 1500 Meter. Die Bockgrube ist ein beliebtes Ziel für Schitorengeher im Frühling. Da aber ab dem Grafensteig eine Weiterfahrt nicht möglich ist, muss man alle Höhenmeter bis hinauf auf das Klosterwappen bzw. zum Miesriegel wieder aufsteigen. Die Querung der Bockgrube beim "Hüttenbödl" ist auch ein idyllischer Rastplatz, bevor es dann zum Salzriegel geht. In einer steilen Latschengasse, plötzlich bei brütender Hitze, kämpfen wir uns etwas mühsam  hinauf auf 1620 m, zum höchsten Punkt des Steiges.  

 

Heuplacken

 

Dann wird es flacher und wir machen unsere erste Rast. Wir leeren unsere Getränkeflaschen, plötzlich setzt Regen ein. Wir hüllen uns in Regenkleidung und machen uns auf den Weiterweg. Der Steig mit Steinen und Wurzeln wird immer rutschiger. Hier bei der Querung der  Heuplacken, wo der Weg durch die Schneebretter des Winters nicht ganz eindeutig ist und auch viel Holz am Weg liegt, wird der Regen zum Wolkenbruch. Wir kommen wieder in den Waldbereich, und die Schauer lassen nach. Nach der Fläche der Heuplacke erreichen wir den schützenden Wald und das Felseck, wo der Abstieg in den Saugraben beginnt.

 

Querung zum Großen Saugraben

 

Über gesicherte Stellen, leider auch mit defekten Versicherungen und sehr  rutschig, steigen wir sehr vorsichtig ab. Wir queren hinüber zum Saugraben, der noch voll mit Lawinenschnee ist. Am Gegenhang hinauf und über eine geröllige Halde abwärts zum Waldrand. Jetzt allmählich entspannt bummeln wir durch stimmungsvollen Wald zur Lichtung, wo Emmysteig und Fischersteig zusammentreffen und auch noch die Fundamente des ehemaligen Baumgartnerhauses zu sehen sind, das eigentliche Ende des Südlichen Grafensteiges. Bald sind wir über einen angenehmen Forstweg bei der Station Baumgartner der Zahnradbahn (3St. 15 Min. ab Kienthaler).

 

Station Baumgartner

 

Die Beine sind schon etwas schwer, die "Buchtelstation" wird zur längeren Raststation. Wir verspeisen deftige Brote und schauen skeptisch Richtung Hochschneeberg, wo sich eine dunkle Wand aufbaut. Kürzere Schauer und Donnergrollen lassen uns abwarten. Bei der ersten Aufhellung brechen wir auf und steigen dort, wo der Schienenstrang im Waldbereich verschwindet, über die Geleise und dann wenige Meter später rechts abzweigend in den Nördlichen Grafensteig ein. Dann setzt ein massives Berggewitter ein. Bei der Breiten Ries machen wir den Notabstieg Richtung Losenheim. Nach 2,5 St. Hagelgewitter, Dauerregen, Blitz und Donner sind wir erschöpft und nass bis auf die Haut am Parkplatz beim Sessellift Losenheim.

Der Südliche Grafensteig hat durchaus alpinen Charakter. Die beiden leichten, versicherten Kletterstellen sollten, vor allem bei Feuchtigkeit, nicht unterschätzt werden. Die Tour in Richtung Kienthalerhütte zu gehen hat den Vorteil, die genannten Passagen im Aufstieg zu haben, was für weniger Geübte sicherlich angenehmer ist. Trotz seiner nach Süden ausgerichteten Lage kann es im Frühsommer noch harten Restschnee in den Rinnen geben, Grödeln mitzunehmen ist sicherlich kein Nachteil. Die Länge des Südlichen Grafensteiges und das Fehlen von guten "Fluchtwegen" bei auftretenden Problemen sollte berücksichtigt werden. Die Entscheidung, welcher Ausgangspunkt für eine Gesamtumrundung des Schneebergs gewählt wird, bleibt dem Bergwanderer überlassen.

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